Endlich am Ziel: Das Nordkapp

Endlich am Ziel: Das Nordkapp

Heute ist der Tag gekommen, an dem wir unser Ziel erreichen sollten. Der erste Tag der fünften Woche, Montag, der 21.09.2020. Heute geht es zum Nordkapp.

Wir stehen relativ zügig auf, die Matratzen in der Hütte waren gar nicht mal so gemütlich, aber wenigstens hatten wir ein Dach über dem Kopf. Dann räumen wir alles ins Auto, was ins Auto geräumt werden muss und es kann losgehen. Bis zum Nordkapp sind es noch knappe 500 Kilometer. Eine längere Strecke, aber absolut machbar an einem Tag. Frühstück gibt es an einem Rastplatz, danach sind wir beide gut gestimmt und voller Vorfreude, dass wir heute endlich ankommen würden. Eigentlich planen wir, erst morgen früh zu der berühmten Weltkugel am Nordkapp zu gehen, wenn man während der Öffnungszeiten zwischen 11-17 Uhr ankommt muss man nämlich angeblich um die 20€ pro Person zahlen, um überhaupt auf das Gelände zu kommen und diese Ausgabe wollen wir möglichst umgehen. Wir beschließen aber, heute Abend auch schonmal vorbeizuschauen, falls das Wetter gut ist. Auf gutes Wetter soll dort nämlich nicht gerade Verlass sein und eine Chance darauf will man nicht verpassen. Und dann geht die lange Fahrt los. Wir sehen das erste mal Rentiere und sogar die Sonne lässt sich mal wieder blicken.

Auf dem Weg entscheiden wir uns, Hammerfest als Nördlichste Stadt Norwegens zu überspringen, das würde uns noch mehr Zeit kosten und wir wissen, dass es eine Stadt gibt, die Hammerfest den Rang abgelaufen hat: Honnigsvåg liegt noch nördlicher und ist nur etwa 30 Kilometer vom Nordkapp entfernt. Dort würden wir sowieso vorbeikommen.

Die Fahrt zieht sich etwas, aber schließlich kommen wir in Honnigsvåg an, und kaufen dort noch ein paar Brokkoli. Danach machen wir uns auf den Weg zu einem Campingplatz, der noch offen ist. Dort wollen wir als erstes unser Zelt aufstellen, bevor wir uns dann vielleicht auf den Weg nach ganz oben machen. Doch ein kurzes Gespräch mit dem Besitzer des Campingplatzes offenbart, dass mal wieder ein Sturm unsere Pläne durchkreuzen sollte. Es sei zu gefährlich diese Nacht hier ein Zelt aufzustellen, er könne uns eine Hütte für 600 NOK (ca. 60€) anbieten. Hmm… Nach kurzem Bedenken entscheiden wir uns, erstmal zum Nordkapp zu fahren, es ist auch schon 16:30 Uhr und bis wir da sind sollte es nach 17 Uhr sein, das heißt wir könnten kostenlos hereinkommen.

Die Aufregung wird immer größer, vor allem als wir sehen, dass wir strahlenden Sonnenschein haben. Was für ein Glück. Um 17:20 Uhr kommen wir bei der Weltkugel an und das Wetter könnte nicht besser sein. Die Sonne geht langsam unter und taucht den Ort in ein gemütliches Licht und alles ist wunderschön. Man kann so weit gucken. Es fühlt sich so an, als bekämen wir jetzt unsere Wiedergutmachung für das Wetter der letzten Wochen. Endlich haben wir es geschafft.

Jetzt wird das Ding erstmal von allen Seiten abgelichtet. Wir treffen noch andere Deutsche, die mit einem Van unterwegs sind und quatschen kurz. Dann genießen wir noch ein bisschen die Aussicht.

Schließlich machen wir uns langsam wieder auf den Weg zum Auto. Dort beschließen wir kurzerhand, hier noch Abendessen zu kochen, bevor es dunkel wird, wir sind mittlerweile auch beide ziemlich hungrig. Es gibt natürlich Nudeln mit Brokkoli-Tomaten-Sauce. Vorher lässt Valentin aber noch kurz seine Drohne steigen, um den schönen Moment und das Licht einzufangen. Währenddessen bekomme ich von meiner Mutter die Nachricht, dass es eine Hochwasserwarnung für das Nordkapp und das Gebiet drumherum gibt. Wir entscheiden uns also, heute noch so weit zu fahren wie es geht. Dann wird so schnell es geht gekocht und das Essen dann während der Fahrt verspeist. Valentin darf als erstes, während ich das erste Stück des Rückwegs fahre. Dann tauschen wir. Das Essen ist das beste selbstgekochte vom ganzen Urlaub, jedenfalls finde ich das. Valentin enthüllt, dass es ein geheimes Gewürz enthält, nämlich Ingwer.

Jetzt wird es auch ziemlich schnell dunkel. Wir haben jetzt den Weg Richtung norwegisch-finnische Grenze eingeschlagen. Mal sehen wie weit wir kommen. Seit wir sie einmal auf den Lofoten verpasst haben halten wir im Dunkeln auch immer wieder Ausschau nach Polarlichtern. Der Himmel ist zwar etwas bewölkt, aber vielleicht haben wir ja doch mal Glück. Den Polarkreis wollen wir eigentlich nicht verlassen, ohne sie einmal gesehen zu haben. Es wird später und später und irgendwann sehen wir, dass wir jetzt sternklaren Himmel haben, also eigentlich beste Voraussetzungen. Wir sehen aber noch nichts. Etwas später bleiben wir nochmal stehen, wir glauben einen grünliches Wabern am Himmel zu erkennen und dann sehen wir sie, direkt über uns, grün schimmernd. Ja!! Das sind ganz klar Polarlichter. Wir steigen aus und betrachten den Himmel. Jetzt verstehe ich auch, was unsere Bekanntschaft auf den Lofoten meinte, als er sagte: „When you see them, you will know.“

An der Straße gibt es keine Laternen und es kommt nur gelegentlich mal ein Auto vorbei, es ist also schön dunkel. Nur die grünen Lichter erleuchten den Nachthimmel. Lange Zeit bestaunen wir sie, wie sie stärker werden, dann wieder abschwächen und erneut stärker werden und über den Himmel wandern. Sie bewegen sich wellenartig und wie eine Fahne im sanften Wind. Man könnte stundenlang zusehen. Wir sind glückselig. „Heute ist der beste Tag.“

Wir bleiben solange, bis man kaum noch etwas von den Lichtern sieht, dann steigen wir wieder ins Auto, schauen aber während der Weiterfahrt immer wieder nach oben. Eigentlich haben wir überlegt diese Nacht im Auto zu schlafen, doch je später der Abend wird, desto unattraktiver wird diese Idee. Deshalb fange ich an, nach Zeltplätzen in der Nähe zu suchen und werde auch schnell fündig, nur fünf Minuten entfernt, eine 4,4 Sterne Bewertung, 200 NOK für ein Zelt, wunderbar. Den nehmen wir. Dort angekommen sind wir uns erst unsicher, wo man sich hier anmeldet oder wo mal mal kurz das WC besuchen kann.

Schließlich finden wir die Rezeption und ich das WC. Als ich zu Valentin und der Dame, die scheinbar den Campingplatz betreibt dazustoße gibt es unglaubliche Neuigkeiten: Sie hatte uns ein Zimmer in dem Hotel für 200 NOK (ca. 20€!!!) angeboten, weil es wohl auch hier stürmisch werden soll und sie uns das nicht antun wollte, jetzt noch das Zelt aufzustellen, es war mittlerweile nämlich schon 23:30 Uhr und draußen stockdunkel. Ich kann mein Glück kaum fassen und Valentin strahlt auch. Schnell bringen wir alles was wir brauchen aus dem Auto aufs Zimmer und freuen uns auf eine erholsame Nacht mit einem festen Dach über dem Kopf. Morgen werden wir nach Finnland einreisen. Unser (vorerst) letzter Tag in Norwegen hätte nicht schöner sein können. Heute ist der beste Tag.

Beitrag vom 21.09.2020

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