Norwegens Wanderwege
Als wir morgens am Campingplatz aufstehen erfahren wir, dass es über Nacht Polarlichter gegeben haben soll, und wir sind völlig enttäuscht, dass wir sie nicht gesehen haben. Naja, lohnt sich nicht sich zu ärgern.
Heute soll das Wetter gut sein, sogar ein bisschen Sonne, aber vor Allem kaum Wind und nur ein bisschen Regen. Das heißt: Heute ist die Munkebu Wanderung dran. Munkebu heißt „Mönchshütte“ und ist kleines Haus, das auf einem Felsen nahe dem „Munken“ befestigt wurde.
Am Parkplatz zahlen wir 5€ in Bar (!) und starten unsere Wanderung. Leichten Schrittes geht es voran, doch schon bald wird klar, dass es keine angenehme Wanderung wird. Ich habe zwar meinen Spaß, Benita ist jedoch etwas schlecht gelaunt, da der Weg steil und entweder felsig oder matschig ist. Nach ca. 3,5h zähen Stunden sehen wir die Hütte. Hier scheint aber nicht wirklich irgendwo eine flache Stelle, an der man das Zelt aufstellen kann. Wir haben Angst, dass wir heute noch (im dunkeln) den Weg wieder zurück laufen müssen, nur weil wir das Zelt nicht aufstellen können. Die Hütte ist leider auch verschlossen, denn sie ist nur Mitgliedern eines norwegischen Bergvereins vorbehalten.
Nach ein bisschen Suchen finden wir einen Platz, der allerdings komplett aus Erde besteht und somit für die Heringe kaum halt gibt. Deshalb mache ich mich noch ohne Rucksack auf den Weg. Nach 30 anstrengenden und erfolglosen Minuten komme ich zurück zu Benita, die sich schon etwas Sorgen macht. Also bauen wir das Zelt auf dem Dreckplatz auf.
Mit Steinen und Geschick bekommen wir das Zelt dennoch stabil und zum ersten mal können wir wirklich die atemberaubende Landschaft auf uns wirken lassen. Unser Zelt steht in einem kleinen Tal zwischen zwei riesigen Felsmassiven und vor uns liegt ein wunderschöner Bergsee mit absolut klarem Wasser. Das Wasser hier oben hat auch überall Trinkwasserqualität und deshalb setzte ich mit dem selben einen Topf Wasser auf.
Mit einer Terrinentüte (sie verringert das Gewicht) wird daraus eine schmackhafte Bolognese und der Tag nimmt ein Ende.
Geweckt werden wir von quakenden Fröschen und einem Steinschlag der sich einige Sekunden lang, auf der gegenüberliegenden Seite des Tals abspielt. Ein bisschen gruselig, aber bei uns sollte es sicher sein.
Etwas missmutig bauen wir das Zelt ab und unser Frühstück besteht aus Müsliriegeln, Cookies und „Polarbröd“. Schon nach kurzer Zeit des Abstiegs meldet sich Benitas Knie. Es tut wirklich weh und ihre Oberschenkel sind durch die gestrige Wanderung auch nicht mehr top in Form. Sehr langsam bewegen wir uns also voran. Auch das Voltaren scheint nicht wirklich zu helfen. Zu allem Überfluss regnet es jetzt auch noch in Strömen.
Irgendwann gelangen wir an einen so steilen Teil, dass wir in Frage stellen, ob dieser Weg tatsächlich so sicher ist. In Österreich wäre dieser entweder gesperrt oder ein Klettersteig gewesen. Nichtsdestotrotz müssen wir irgendwie wieder runter (auch wenn sich andernfalls wenigstens unsere Auslandskrankenversicherung gelohnt hätte, Spaß). Erzählen lässt sich das schnell, doch 4,5h für 5,68km sind zäh und lassen sich nur fühlen. Mit viel Armeinsatz schaffen wir es dann natürlich doch irgendwie zum Auto. Hier stopfen wir unsere nassen Rucksäcke in große Müllbeutel und holen uns unseren wohlverdienten Fischburger.
Ja richtig gelesen. Auch ich scheine mir wohl einen Fischburger zu bestellen. Und er schmeckt mir sogar! Wobei es am Ende echt viel Lachs ist, trotzdem nach so einer Wanderung toll. Ich habe wahrscheinlich noch nie in meinem Leben so viel Fisch auf einmal gegessen. In so einem Urlaub probiert man viel Neues… Und das sollte noch nicht alles sein.
Der Kakao ist aufgetrunken, also geht es wieder zurück zum Rystad Campingplatz, wo wir schon zuvor waren. Ich mache mich direkt ans Zahlen und begebe mich in die Rezeption. Der Besitzer ist in Plauderlaune und ich auch. Irgendwann kommen zwei weitere Leute herein, die wohl die einzigen anderen Camper sind, die hier noch sind (denn offiziell ist der Platz geschlossen, aber wir hatten vorher abgeklärt, dass wir nochmal hinkönnen). Auch mit den beiden gerate ich ins Gespräch, und so kommt es, dass die uns noch in ihren Camper auf einen Tee einladen.
Reden tun die beiden nicht zu knapp und so unterhalten wir uns bis in die Nacht hinein. Tipps bekommen wir auch einige und hier sollte ich das nächste Neue probieren. Denn ich bekomme einen Marmeladen-Aufguss. Himbeer-Marmelade mit Wasser. Ich esse normalerweise weder wirklich Himbeere, noch Marmelade, doch das ist wirklich ausgezeichnet.
Auch wenn die Wanderung sicherlich kein Spaß war, war es doch ein beeindruckendes Gefühl, seine eigenen vier Wände und alles was man zum Überleben braucht auf seinem eigenen Rücken zu schleppen und in der erbarmungslosen Natur zu zelten. Beeindruckend, beängstigend aber auch schön.
Beitrag vom 14. und 15.09.2020