Satt sein sollte geübt sein
Nachdem das Auto geparkt ist, gehen wir in den „Salon“. Dieser erinnert stark an an Flugzeug, nur ist er breiter. Die Sitze sind jedenfalls ähnlich aufgebaut. Schnell finden wir einen Platz am Fenster. Wir wissen, dass ist essenziell, wenn man Seekrankheit vermeiden will. Vorne links. Hier gibt es sogar Steckdosen.
Fähre startet. Pommesgeruch startet. Der Appetit steigt und Benita und ich überlegen uns eine leckere Portion Pommes zu holen. Benita liebäugelt auch mit dem Smørbrød. Wir nehmen uns vor, erst eine Stunde zu warten, und wenn wir dann immernoch unbedingt was essen wollen, etwas zu kaufen.
Schon vorher hatten wir den Windbericht für die Route unserer Fähre angeguckt und wussten nicht so ganz, ob das nicht vielleicht etwas viel Wind ist, doch Benita besitzt „Kotztabletten“ wie wir sie nennen und gleich zu Anfang der Fahrt hatte sie eine genommen, also drohte keine Gefahr.
Der Seegang wird etwas stärker, was Benita offenbar in einen etwas geistesabwesenden Zustand versetzt, denn sie ist kaum noch erreichbar. Ein starrer Blick aufs Meer. Ich weiß nicht so ganz was ich machen soll, beschließe aber, sie vorerst in Ruhe zu lassen, was offensichtlich eine gute Idee war. Ich selbst bekomme allerdings langsam Hunger.
Wie das Schiff so hin und her schaukelt macht es mir wirklich Spaß. Ich stehe am Fenster und mache Fotos und Videos, die ich prompt über das abgrundtief langsame Internet an meine Mutter verschicke. Benita geht es mittlerweile wirklich nicht mehr so gut und die Kotztabletten scheinen nur eine mäßige Wirkung zu zeigen, denn ihr ist unfassbar schlecht. Ich entscheide mich, lecker Pommes zu holen, doch zuvor reiche ich Benita noch einen Speibeutel.
Während ich die Pommes bestelle, bewundere ich die Küche, dass sie trotz dieses Seegangs immernoch alles zubereiten können. Dankbar bin ich auch, denn langsam bringt mich mein Hunger um. Ich bekomme einen drahtlosen Pieper, der allerhand Geräusche machen soll, wenn mein Essen fertig ist. Mit dem Gerät geselle ich mich zu Benita und frage sie, ob sie auch Pommes haben möchte. Schon der Gedanke scheint ihr nicht zu gefallen und sie lehnt ab. Gut für mich.
Der Pieper vibriert, leuchtet und piept natürlich und ich hole meine Pommes ab. Wirklich lecker esse ich sie weitab von Benita, die scheinbar schon der Geruch zu stören scheint. In der Mitte des Schiffs wirkt es irgendwie ganz ruhig, der Seegang wird jedoch immer stärker und mittlerweile klatscht schon das Wasser an die Scheiben.
Pommes aufgegessen. Hunger weniger. Zurück bei Benita wird mir klar, dass sie jetzt am Limit ist und da geschieht es auch schon. Es schießt aus ihr heraus. Den ganzen Boden kotzt sie voll. Ich watschel knöcheltief durch die gelbe Suppe um ihr ein paar Servietten zu holen, doch da kommt schon der nächste Strahl. Diesmal landet er auf dem Rücken eines Fremden. Er riecht den Geruch und setzt sofort mit ein. Nicht lange und das gesamte Schiff speit aus allen Röhren. Nur ein einsamer Mann sitzt vorne und isst genüsslich sein Kartoffelpüree mit viel zu viel Salz.
Das wäre passiert, wenn ich mich nicht vorher um die Kotztüte gekümmert hätte. (Oh Valiii nicht beim Essen!). In Wirklichkeit füllte Benita den Speibeutel, den ich auch direkt gegen einen Neuen und ein paar Servietten austauschte. Während ich dafür durchs Schiff lief, schauten mich einige Leute mitleidig besorgt an. Achso, aber den Mann, der bei extremstem Seegang sein Kartoffelpüree verspeiste gab es wirklich!
Benita geht es besser und ich belehre sie über meine Erkenntnis, dass es in der Mitte des Schiffs viel angenehmer ist. Daraufhin wechseln wir den Platz, was eine deutliche Verbesserung in Benitas Gemüht und ihrem Starrverhalten hervorruft. Während sie immernoch nicht an Essen denken kann, wird mein Hunger unerträglich und so entscheide ich mich, noch einen Burger zu verspeisen. Ein schlechter Burger, aber er füllt meinen Magen.
Schon bald landen wir im Hafen von Moskenes und nach dieser strapaziösen Fährfahrt ists es für Benita kein leichtes, noch so lange im Auto zu bleiben… Danach haben wir im Urlaub keine Fähre mehr betreten (war allerdings auch nirgendwo nötig).
Ich hoffe meine kleine Fiktion in der Mitte verlangt meiner Leser*in nicht zu viel ab. Eigentlich habe ich das nur als kleinen Witz für Benita geschrieben (habe ein köstliches Lachen dafür bekommen) und wollte es wieder rausstreichen, aber es wie das Schicksal will, ist es dringeblieben. Also kleine Entschuldigung an dieser Stelle…